Schlachtabfälle bildeten einst die Basis für Insulin. Dieses bewahrte an Diabetes Erkrankte vor dem sicheren Tod. Dank Forschung und vieler Entdeckungen ist die Zuckerkrankheit heute kontrollierbar.
Diabetes endete fast immer tödlich. Bis vor gut hundert Jahren zwei Kanadier das Insulin entdeckten. Frederick Banting und Charles Best hatten 1921 das lebensrettende Hormon aus der Bauchspeicheldrüse von Hunden gewonnen. Ein Jahr später wurde der Botenstoff erstmals Menschen mit der Zuckerkrankheit gespritzt.
Wissenschaft im Hormonrausch
Die Vorher-Nachher-Bilder mit der frappanten Veränderung gingen um die Welt. Vor dem Spritzen des Bauchspeicheldrüsenhormons blickten ausgezehrte, kurz vor dem Tod stehende Kreaturen in die Kamera. Danach strahlten dieselben Menschen vor Gesundheit strotzend vom Foto. Mit der Entdeckung des Insulins und seiner so offensichtlichen Wirkung geriet die Wissenschaft der 1920er und 30er Jahre in einen regelrechten Hormonrausch. 1929 gelang es, Östrogen – damals noch als Brunsthormon bezeichnet - zu isolieren. 1935 folgte Testosteron. Doch ganz so leicht, wie damals erhofft, liess sich Diabetes nicht zum Verschwinden bringen.
Allergisch auf unreines Insulin
In den Anfangsjahren war das aus Schlachtabfällen isolierte Insulin oft unrein und schwierig zu dosieren. Viele Patientinnen und Patienten reagierten allergisch auf das Hormon. Auch um das unangenehme Messen des Blutzuckerspiegels kamen sie nicht herum, genausowenig wie um das Setzen der Insulinspritzen und das Einhalten strikter Diäten. Heute muss Insulin zwar nach wie vor gespritzt werden, aber der Tropfen Blut für die Zuckermessung wird schon bald Vergangenheit sein.
Diabetes ohne Spritzen behandeln
Forschende tüfteln intensiv an Instrumenten, die den Zuckergehalt im Blut nicht-invasiv über die Haut oder über die Reaktion der Augen messen können. Und künstliche Bauchspeicheldrüsen sollen dereinst direkt und automatisch im Körper der Erkrankten das lebensrettende Hormon ausschütten. Die wissenschaftlichen Entdeckungen rund um das Insulin und die Blutzuckermessung haben in den letzten hundert Jahren aus einer tödlichen eine kontrollierbare, chronische Erkrankung gemacht. Und wer weiss: Vielleicht wird Diabetes dank Forschung dereinst sogar heilbar.
Foto von: Miriam Zilles via Unsplash.com
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Mordechai de Paauw ist getrieben von der Entdeckung der Hormone und schreckt dabei vor nichts zurück. Der Roman basiert auf realen Begebenheiten und nimmt die Leserschaft mit auf eine Reise durch ein Jahrhundert Medizin-, Wissenschafts- und Wirtschaftsgeschichte, geprägt von Wettstreit und Intrigen.