Tania Weber hat einen spannenden Weg hinter sich – von der Tätigkeit als Ärztin zur engagierten Pilatesflows-Trainerin. In diesem Interview erzählt sie, wie sie durch ihre medizinische und persönliche Erfahrung eine Methode gefunden hat, die besonders älteren Menschen zugutekommt. Erfahren Sie, wie Pilatesflows Schmerzen lindert, das Wohlbefinden steigert und welche Pläne Tania für die Zukunft hat.
Kannst du uns ein wenig über deinen Weg von der Ärztin zur Pilatesflows-Trainerin erzählen?
Meine Geschichte mit Pilatesflows begann mit starken Rückenschmerzen während meines Medizinstudiums. Mit einer Physiotherapie-Verordnung kam ich zu Pascale Blunier, Physiotherapeutin und Osteopathin, die unzählige Weiterbildungen in Faszien- und Sportwissenschaften absolviert hat und zudem die Erfinderin der Pilatesflows-Methode ist. Als ich mit ihren Gruppenkursen begann, verschwanden meine langjährigen Schmerzen vollständig.
Während meiner zweiten Schwangerschaft wollte ich die Methode intensiver kennenlernen und begann die Ausbildung zur Instruktorin. Ich wollte ein Projekt nur für mich persönlich und nicht in der Rolle als Mutter oder Ärztin. Zum Üben habe ich im Quartier einen Sommerferienkurs angeboten, was mir unglaublich Spass gemacht hat! Ich bemerkte auch während der Arbeit als Ärztin, dass Pilatesflows-Übungen meinen Patient:innen sehr gut taten.
Seit August 2022 biete ich regelmässig Kurse an, mit wachsendem Angebot wie z. B. der Onkoflow, mein Kurs für Menschen mit oder nach Krebs. Seit Sommer 2023 pausiere ich meine Tätigkeit als Ärztin und konzentriere mich auf Pilates. Dies ermöglicht mir eine Flexibilität, damit ich meine Familie so erleben und geniessen kann, wie ich es mir immer gewünscht habe. Meine Tochter täglich in den Kindergarten zu begleiten, ist für mich ein unbezahlbarer Luxus.
Die Entscheidung, mich auf Pilatesflows zu konzentrieren, kam auch aus meinem Frust mit dem aktuellen Gesundheitssystem, das von Zeitdruck und Stress geprägt ist. Im Onkoflow und Careflow kann ich meine medizinische Expertise einfliessen lassen. So trainieren meine Kund:innen sicher und effizient.
Was macht Pilatesflows anders als andere Pilates-Methoden?
Es basiert auf klassischem Pilates und integriert Elemente aus der Osteopathie, Physiotherapie, Sportwissenschaften und Faszienforschung. Ein wesentlicher Unterschied ist die intensive Ausbildung: Während man sich teilweise schon nach einem Wochenend-Kurs Pilates-Trainer nennen kann, gibt es für Pilatesflows eine fundierte Ausbildung, die hohe Qualität sicherstellt.
Einzigartig ist auch der Fokus auf die Sprache während der Kurse. Je nachdem wie wir sprechen, reagieren der Körper und die Faszien unterschiedlich. So werden die Teilnehmenden auch mit der eigenen Sprache achtsamer und lernen neue positive Formulierungen.
Zusätzlich unterteilen wir die Übungen in durchdachte Vorstufen, die von allen exakt und richtig ausgeführt werden. Dies verhindert Kompensationen und das Verursachen von mehr Verspannungen und Schmerzen.
Was sind einige der Hauptvorteile von Pilatesflows für ältere Erwachsene?
Pilatesflows bietet älteren Erwachsenen zahlreiche Vorteile, die weit über das hinausgehen, was man vielleicht erwarten würde. Es lindert Beschwerden wie Verspannungen, Schmerzen und sogar Schwindel.
Die Atmung mit dem Powerhouse sowie der Aufbau der Tiefenmuskulatur sind entscheidende Faktoren, welche die Beweglichkeit und Stabilität fördern. Dies ist besonders wichtig für die Sturzprophylaxe. Eine ältere Dame sagte einmal: “Ich stürze beim Wandern weniger”, was zeigt, wie sehr sich das Gleichgewicht durch das Training verbessert hat. Diese neu gewonnene Stabilität kann einen erheblichen Einfluss auf das Selbstbewusstsein und die Lebensqualität haben.
Zusätzlich beinhaltet Pilatesflows auch kleine Übungen, die man leicht zu Hause durchführen kann. Dies fördert die Selbstständigkeit und das Gefühl der Kontrolle über den eigenen Körper. Das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht es den Teilnehmern, aktiv zu bleiben und nicht wartend die Zeit bis zum nächsten Arzt- oder Physiotermin zu verbringen, sondern schon selbst etwas gegen die Beschwerden tun zu können.
Kannst du erklären, was Onkoflow ist und wie es unserer älteren Zielgruppe, besonders denen mit chronischen Krankheiten oder in der Genesung, zugutekommen kann?
Onkoflow ist ein Kurs speziell für Menschen mit Krebs oder für diejenigen, die sich nach einer Krebsbehandlung befinden. Der Fokus liegt vor allem darauf, die Faszien zu lösen, denn viele Krebstherapien führen dazu, dass die Faszien erstarren und sich stark zusammenziehen. Durch Onkoflow werden diese verklebten und verhärteten Faszien gelöst. Das angepasste Tempo und die speziellen Übungen helfen dabei, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern.
Welches Feedback hast du von deinen älteren Teilnehmern erhalten? Gibt es besondere Erfolgsgeschichten, die dir in Erinnerung geblieben sind?
Das Feedback meiner Teilnehmenden ist unglaublich positiv und oft berührend. Ein besonderes Beispiel ist ein Paar, bei dem der Mann am Careflow teilnimmt. Seine Frau erzählte mir begeistert, dass er seit dem Training viel besser Golf spielt.
Eine andere beeindruckende Geschichte ist die eines Mannes, der über zwei Jahre lang an Beinschmerzen litt. Nach zahlreichen CT- und MRI-Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Schmerzen von den Faszien herrührten. Dank des gezielten Trainings sind seine Schmerzen nun verschwunden.
Besonders inspirierend ist die Geschichte einer Teilnehmerin, die sich eine Sehne in der Schulter gerissen hatte. Sie kam trotzdem weiterhin ins Training und stellte sich die Bewegungen der verletzten Seite mental vor. Nach nur zwei Monaten konnte sie ihren Arm wieder heben. Dies zeigt, wie mächtig bewusstes Bewegen und Muskelansteuerung sein können.
Dann gibt es noch eine Teilnehmerin mit schwerer Depression, die sich oft verloren fühlte. Nach dem Training sagte sie, sie fühle sich wieder verbunden mit sich selbst und gehe gestärkt aus den Sitzungen.
Diese Erfolgsgeschichten zeigen, wie tiefgehend und positiv die Auswirkungen von Pilatesflows auf das Leben der Teilnehmenden sein können.
Welche Ratschläge würdest du unseren Mitgliedern geben, die neu bei Pilatesflows sind?
Einfach mal ausprobieren! Viele Teilnehmenden sind überrascht, wie ausgeglichen und gestärkt sie sich nach dem Training fühlen. Darüber zu lesen ist das eine, es wirklich zu erleben, etwas ganz anderes. Kommen Sie zu einer Schnupperstunde und spüren Sie selbst, wie es für Sie ist. Die meisten bleiben danach dabei!
Falls Sie Fragen haben wie “Kann ich das mit meinem Bein?”, “Geht das mit meinem Rücken?” oder “Ist das trotz meiner Erkrankungen möglich?”, rufen Sie mich gerne an. Ich bin ehrlich und werde niemanden in den Kurs bitten, wenn ich weiss, dass es nicht klappt. Es gibt jedoch sehr wenige Ausschlusskriterien.
Was sind deine Zukunftspläne? Gibt es neue Programme oder Projekte, auf die du dich freust?
Eines meiner neuesten und spannendsten Projekte ist der Kurs Careflow. Neben meinen krebskranken Teilnehmer:innen stellte ich fest, dass es viele Menschen mit anderen gesundheitlichen Einschränkungen gibt, die ebenfalls von einem ähnlichen Trainingsprogramm profitieren könnten. Diese Personen sind vom Level her vergleichbar mit den Onkoflow-Teilnehmern, aber sie sind nicht an Krebs erkrankt. So entstand die Idee für Careflow, ein Programm, das speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Ein persönliches Ziel ist es zudem, meine Kurse bei Fachleuten noch stärker zu etablieren und als anerkannte Methode zu positionieren, welche Hilfe zur Selbsthilfe anbietet.
Mein grosser Traum ist es, die Vorteile von Pilatesflows wissenschaftlich durch eine umfassende Studie zu untermauern und den Nutzen klar zu belegen. Es wäre fantastisch, die positiven Effekte, die ich täglich sehe, auch wissenschaftlich nachweisen zu können.